BYD Atto 3: Musikalische Attotüde

Build Your Dreams, kurz BYD, hat in Europa große Pläne. Denn der junge chinesische Autohersteller will nicht nur im Reich der Mitte mit seinen Fahrzeugen punkten, sondern auch auf dem alten Kontinent. Der erste Versuch vor gut einem Jahrzehnt mit dem F3 scheiterte kapital. Jetzt will es der Konzern aus der südchinesischen Millionenmetropole Shenzhen wirklich wissen – und seit rund zwei Jahren mischt BYD den Markt gehörig auf.

Klug gewählt war dabei der Erstling. Denn beim Atto 3 handelt es sich um ein kompaktes SUV mit Elektroantrieb zum gefälligen Preis, der mittlerweile gründlich überarbeitet wurde und nach wie vor ein wichtiger Puzzlestein im deutlich gewachsenen Portfolio der Marke ist.

Ab Werk üppig ausgestattet

Das größte Plus. Der Wagen nahezu komplett ausgestattet: LED-Scheinwerfer, USB-Ports, zahlreiche Assistenzsysteme, Sitzheizung, Ambientebeleuchtung, Panoramasonnendach, elektrische Heckklappe sowie ein auf Knopfdruck drehbarer 12,8-Zoll-Touchscreen sind bereits in der Comfort-Ausstattungslinie serienmäßig an Bord – und damit ist die Werksausstattung hier nicht einmal ansatzweise komplett aufgelistet.

Wer sich für die geringfügig teurere Design-Variante entscheidet erhält einen größeren Touchscreen (15,6 Zoll), Sitzkühlung für Fahrer und Beifahrer sowie eine elektrische Heckklappe für den gut verarbeiteten, 440 Liter fassenden Kofferraum.

Damit erweist sich der überraschend geräumige Chinese als optisch stimmiger Stromer für Jedermann mit Premiumanspruch, was sich bei Verarbeitung, Materialmix und Ausstattung zeigt. Das gefällige Äußere weist alle modischen „Must-Haves“ auf, die da wären Sicken, Ecken und Kanten, schmale Scheinwerfer, kurze Überhänge sowie ein LED-Leuchtenband am Heck. Innen gibt sich der Atto 3 positiv verspielt, wobei vor allem die Lüftungsdüsen und die gewöhnungsbedürftigen Türgriffe optisch hervorstechen. Die Bedienbarkeit des Multimediasystems hat man nach kurzer Einarbeitung intus, dass es für wichtige Funktionen nach wie vor Knöpfe – unter anderem auf dem Lederlenkrad – gibt, ist toll. Die Sprachsteuerung funktioniert hingegen weniger toll.

Ein Saiteninstrument in den Seitentüren

Der Atto 3 ist übrigens ein sehr musikalisches Fahrzeug. Die Schnüre, die die Ablagen in den Autotüren begrenzen sind auf A, D und E gestimmt. Bis 30 km/h begleiten Streicherklänge den Wagen und beim Rechtsblinken gibt es eine Quint hinauf, beim Linksblinken eine Quint hinab statt der spröder Klick- oder Klackgeräusche. Fahrtechnisch gibt sich der 204-PS-Fronttriebler sportlich-komfortabel; und zwar in jeder Hinsicht.

Die Assistenzsysteme agieren darüber hinaus behutsam, die Lenkung ist präzise und die Bremsen feinfühlig. Auch hier hat BYD seine Hausaufgaben gemacht. Der Verbrauch bei warmen Temperaturen ist auch nahe dem WLTP-Wert von 15,6 Kilowattstunden (kW). Im Durchschnitt – und überwiegend im Normalmodus gefahren – pendelt sich der Verbrauch bei gut 16,5 kWh ein. Im Stadtbetrieb sind 13, 14 kWh ohne Probleme möglich. Das ergibt eine praktikable Reichweite von rund 400 Kilometern und somit ist der fünftürige Fünfsitzer nicht bloß eine Option als Pendlerauto im Speckgürtel sondern auch für die Mittelstrecke eine echte Alternative.

Während der Atto 3 bei Preis-Leistungsverhältnis, Verarbeitung und Ausstattung ganz vorne mitmischt, ist er in bei der Schnellladeleistung Mittelmaß. Diese beträgt lediglich 88 Kilowattstunden. Das ist insofern schade, weil die Blade-Batterie (wie so vieles anderes) im Haus selbst produziert wird, da der BYD ja als Batteriehersteller angefangen hat. Übrigens handelt es sich beim Atto-3-Akku um eine Lithium-Eisenphosphat-Batterie. Das bringt mehrere Vorteile mit sich: Mehr verkraftbare Ladezyklen, keine seltenen Erden und besseres Thermomanagement.

Fazit: Dem Premiumanspruch wird der Atto 3 mittlerweile gerecht, in Summe ein mehr als passabler und leistbarer Kompakt-Stromer.