Seit 1. Juli führt Ralf Benecke als Generaldirektor die Renault Österreich GmbH. In dieser Position verantwortet er als Nachfolger von Martin Labayye sämtliche Aktivitäten für die Marken Renault, Dacia, Alpine und Mobilize in der Alpenrepublik. Mit autoinfos.at sprach der Manager über die Ladeinfrastruktur in Österreich, die Digitalisierung in der Branche und wie sich Renault gegenüber neuen Playern auf dem Markt positioniert.
Wie beurteilen Sie die aktuelle Entwicklung der Elektromobilität in Österreich – insbesondere im Hinblick auf Ladeinfrastruktur, Förderungen und die Akzeptanz bei Privat- und Firmenkunden?
RALF BENECKE: Die Elektromobilität entwickelt sich in Österreich dynamisch und vielversprechend. Renault Österreich verzeichnet aktuell einen Elektroanteil von rund 35 Prozent – deutlich über dem Marktdurchschnitt. Das zeigt: Die Nachfrage steigt kontinuierlich, sowohl bei Privat- als auch bei Firmenkunden. Fördermaßnahmen und der Ausbau der Ladeinfrastruktur sind dabei zentrale Treiber. Österreich ist im Vergleich zu anderen Ländern bereits sehr gut mit Ladeinfrastruktur ausgestattet. Mit unserem Mobilize Charge Pass bieten wir unseren Kundinnen und Kunden ein nahezu flächendeckendes Ladenetz in Österreich sowie Zugang zu über einer Million Ladepunkten in 25 europäischen Ländern. Besonders erfreulich ist auch, dass wir mit Modellen wie dem Renault 5, Renault 4 und dem ab zweiten Quartal 2026 verfügbaren Renault Twingo alltagstaugliche Elektromobilität für breite Kundengruppen zugänglich machen. Der Twingo wird zu einem Startpreis von unter 20.000 Euro angeboten und ergänzt unser Portfolio als kompaktes, urbanes Elektrofahrzeug mit Retro-Charme und modernster Technik.
Wie positioniert sich Renault Österreich im Markt, insbesondere gegenüber neuen Playern, beispielsweise chinesische Hersteller und Start-ups?
RALF BENECKE: Renault Österreich setzt auf drei zentrale Stärken: Erstens unser flächendeckendes, erfahrenes und engagiertes Händlernetz, das nicht nur beim Kauf, sondern auch im Service überzeugt. Zweitens unsere europäische Fertigungskompetenz – etwa im Werk Douai, wo über 80 Prozent der Zulieferer im Umkreis von 300 Kilometern sitzen. Das ermöglicht kurze Lieferketten, hohe Qualität und eine nachhaltige Produktion. Drittens unsere Innovationsgeschwindigkeit: Der Renault 5 wurde in nur drei Jahren zur Serienreife gebracht, der neue Twingo sogar in zwei. Auch im A-Segment setzt die Renault Group mit Dacia neue Maßstäbe: Ein vollelektrisches Modell auf der AmpR Small-Plattform wird gezielt für urbane Mobilität und kostenbewusste Kunden entwickelt – mit dem Anspruch, Elektromobilität für alle zugänglich zu machen. Die Markteinführung erfolgt in einem deutlich reduzierten Zeitrahmen, noch schneller als beim Renault Twingo, was die Agilität und Innovationskraft der Organisation unterstreichen.
Welche Rolle spielt die zunehmende Digitalisierung – etwa durch vernetzte Fahrzeuge, Over-the-Air-Updates und datenbasierte Services – in der strategischen Ausrichtung von Renault?
RALF BENECKE: Renault setzt konsequent auf digitale Innovationen – dazu zählt auch die Möglichkeit, Fahrzeuge per Over-the-Air-Update (FOTA – Firmware Over The Air) zu aktualisieren. Digitalisierung ist ein kontinuierlicher Transformationsprozess bei Renault Österreich. Bereits heute setzen wir auf leistungsstarke digitale Tools am Verkäuferarbeitsplatz und ein fortschrittliches Leadmanagement. Kunden-Apps wie MyRenault und MyDacia digitalisieren den Kundenkontakt und schaffen neue Touchpoints. Die strategische Ausrichtung zielt darauf ab, diese digitalen Lösungen weiter auszubauen und die Kundenerfahrung ganzheitlich zu verbessern.
Renault bietet auch eine breite Palette an Nutzfahrzeugen an. Wie reagieren Sie auf die steigende Nachfrage nach elektrischen Transportlösungen im urbanen Lieferverkehr?
RALF BENECKE: Renault reagiert auf die steigende Nachfrage nach elektrischen Transportlösungen mit einem gezielten Ausbau des Angebots. Modelle wie der Renault Kangoo, Renault Trafic und der Renault Master bieten emissionsfreie Mobilität für den urbanen Lieferverkehr. Ergänzt wird dies durch innovative Konzepte wie Vehicle-to-Load für den Master, die zeigen, wie Nutzfahrzeuge künftig auch als mobile Energiequelle dienen können. Unser Ziel ist es, praxisnahe, effiziente und nachhaltige Lösungen für Gewerbekunden zu bieten – und dabei die Anforderungen an Reichweite, Ladezeiten und Nutzlast optimal zu erfüllen. Mit der neuen Generation vollelektrischer Nutzfahrzeuge – Trafic, Estafette und Goelette – setzt Renault ein starkes Zeichen für die Zukunft des gewerblichen Transports Mitte, Ende 2026. Diese Modelle basieren erstmals auf der flexiblen SDV-Architektur von Ampere, die Software und Fahrzeugdesign intelligent miteinander verbindet.
Welche konkreten Maßnahmen verfolgen Sie im Bereich Nachhaltigkeit?
RALF BENECKE: Die Nachhaltigkeit ist ein integraler Bestandteil unserer Unternehmensstrategie. In der Renault Re-Factory, Europas erstem Zentrum für Kreislaufwirtschaft, werden jährlich tausende Fahrzeuge – darunter auch Elektrofahrzeuge – aufbereitet. Etwa 80 Prozent der recycelten Materialien werden in neuen Batterien wiederverwendet. Bis 2030 möchte Renault den höchsten Anteil an recycelten Materialien in neuen Fahrzeugen erreichen. Flins in Frankreich ist die erste europäische Produktionsstätte, die sich auf Kreislaufwirtschaft spezialisiert hat. Win echtes Vorzeigeprojekt in Österreich zum Thema Nachhaltigkeit ist das Batteriezentrum des Autohauses Sonnleitner in Leonding in Oberösterreich. In einem speziell gesicherten Hochvolt-Arbeitsbereich werden defekte Akkus von Elektrofahrzeugen wie Renault und Dacia nicht einfach ausgetauscht, sondern gezielt repariert. Dabei werden nur die betroffenen Module instand gesetzt – ein ressourcenschonender und kosteneffizienter Ansatz, der die Lebensdauer der Fahrzeuge deutlich verlängert. Was das Zentrum besonders macht: Die Reparaturen erfolgen oft innerhalb von 24 bis 48 Stunden, unter höchsten Sicherheitsstandards, mit speziell geschultem Personal und modernster Ausrüstung.
Wie entwickeln sich die Verkäufe beim R5 und welche Erwartungen haben Sie diesbezüglich an den R4?
RALF BENECKE: Der Renault 5 ist unser meistverkauftes Pkw-Modell in Österreich im Jahr 2025 und wurde zum „Auto des Jahres“ gekürt. Seine ikonische Formensprache, gepaart mit moderner Technik, weckt starke Emotionen und führt oft direkt zum Kauf. Der R5 ist ein echter Gamechanger. Mit dem neu eingeführten Renault 4 setzen wir diesen Weg konsequent fort. Auch hier steht alltagstaugliche Elektromobilität im Fokus, ergänzt durch innovative Features wie Vehicle-to-Load. Wir erwarten, dass der R4 die Erfolgsgeschichte des R5 fortschreibt und neue Kundengruppen erschließt.
Fotos: Renault
| ZUR PERSON: Ralf Benecke (Jahrgang 1978) startete 2007 als Trainee bei Renault Deutschland. Bei dem französischen Autohersteller war er im Laufe der Jahre in mehreren Funktionen tätig. Vor seinem Wechsel nach Österreich war er in Paris von 1. Juli 2023 als weltweiter Direktor für Vertrieb und Distributions-Effizienz für die Marke Renault verantwortlich. |







