Kaum ein anderes Elektroauto hat wohl in den vergangenen Wochen und Monaten so stark polarisiert wie der Capri von Ford. Wobei man gleich dazu sagen muss, dass es sich bei dem 4,634 Meter langen Fünfsitzer um einen Beute-VW handelt. Denn auch beim Capri setzt Ford, wie auch beim Explorer, auf die Zusammenarbeit mit Volkswagen.
Der nun elektrische Ford Capri hat natürlich mit dem Urahn aus den 1970ern bis auf den Namen so gut wie gar nichts gemeinsam. Ford spielt also wieder die Heritage-Karte aus; nutzt also einen klingenden Namen im Dienste der E-Mobilität. Zur Erinnerung: Auch die beiden vollelektrischen Mustang Mach-E und Explorer haben ja eine prominente Vergangenheit – als Verbrenner.
Ford Capri mit einigen Atouts
Der elektrische Capri wurde jedenfalls ziemlich durch den Kakao gezogen. Eben, weil er so gar nicht an seinen Urahn erinnert. Aber wenn man abseits der Auto-Enthusiasten Menschen fragt, wird ihnen der Name Capri vermutlich auch nicht allzu viel sagen. Und der Jugend, der die E-Mobilität mehr und mehr am Herzen liegt, schon gar nicht. Ausnahmen bestätigen die Regel. Und so kann Ford mit dem Beute-VW vermutlich in einer breiten Zielgruppe punkten; und dafür bringt er auch einige Atouts mit.
Zuallererst ist in dem Midsize-Crossover mit seinen 1,87 Metern Breite und 1,626 Metern Höhe jede Menge Platz. Vorne wie hinten muss man weder die Beine noch den Kopf einziehen. Für Familien ist das ein echter Segen – hier fahren vier bis fünf Personen entspannt, auch wenn es mal länger dauert.
Capri-Kofferraum fasst 622 Liter
Der Kofferraum mit seiner relativ niedrigen Ladekante erweist sich ebenfalls als praktisch und geräumig: 622 bis 1.505 Liter sind eine echte Ansage. Zudem ist der Kofferraum sehr gut verarbeitet und eine elektrische Heckklappe gibt es obendrein. Leider hat der Capri keinen Frunk, also ein Staufach unter der Fronthaube, in dem man beispielsweise das Ladekabel unterbringen kann.
Jedenfalls gibt sich der Capri beim Verbrauch manierlich. Das ist ja immer ein großes Thema bei Elektroautos: Verbrauch; und damit einher geht die Reichweite. Hier begnügt sich der gut zwei Tonnen schwere Hecktriebler bei moderater Fahrweise mit weniger als 16 Kilowattstunden (kWh) je hundert Kilometer. Das bringt dem Fünftürer mit seinem 77 kWh großen Akku im Unterboden rund 450 Kilometer Reichweite.
Was dann schon zum nächsten Punkt führt: Der Ladegeschwindigkeit. 135 kW schafft der Capri an der Gleichstromladesäule (DC). Zumindest in der Theorie. In der Praxis geht es der Wagen da leider etwas gemächlicher an. Das bedeutet, dass es doch deutlich mehr als 30 Minuten dauert, bis der Akku von zehn auf 80 Prozent geladen ist.
Das Geheimfach im Ford Capri
Der Eindruck vom Innenraum ist durchweg positiv. Alles wirkt solide gebaut und sauber verarbeitet. Nichts wackelt, nichts macht seltsame Geräusche. Die VW-Handschrift lässt sich natürlich hier nicht verstecken. Diese erkennt man gleich am schlanken digitalen Fahrerdisplay oder dem Lenkstockhebel für die Automatik. Aber ein paar Features sind dann doch wiederum anders als im ID.4 oder ID.5.
So steht im Ford der Touchscreen senkrecht – und er lässt sich schwenken. Dazu gibt es eine Griffleiste am unteren Monitorende. Hinter dem HD-Touchscreen kommt, wie auch beim Explorer, ein Geheimfach zum Vorschein, in dem Wertsachen nicht nur vor Blicken geschützt sondern im verriegelten Auto auch weggesperrt sind. Zudem enthält das Fach zwei USB-C-Ladebuchsen fürs Handy. Die Bedienung des Infotainments ist kinderleicht, das System reagiert darüber hinaus rasch und auch die Sprachsteuerung ist durchwegs passabel.
Verzichten muss man auf praktische Schaltwippen am Lenkrad, um den Grad der Rekuperation zu variieren. Dies klappt lediglich im ausgewählten Sportprogramm oder über die B-Position am schon erwähnten Getriebewahlhebel, der sich rechts am Lenkrad befindet. Wer übrigens dort den Hebel für den Scheibenwischer sucht, wird ihn nicht finden. Dessen Bedienung erfolgt via Kippschalter am Blinkerhebel.
Fahrtechnisch gibt sich der Capri unprätentiös. Will heißen: Bis auf den schon erwähnten niedrigen Verbrauch gibt es keine groben Ausreißer nach oben oder nach unten. Der niedrige Schwerpunkt nebst direkter Gasannahme gefällt. Aus dem Stand beschleunigt der Hecktriebler trotz des stattlichen Leergewichts von mehr als zwei Tonnen in 6,4 Sekunden auf Tempo 100 und wird bei 180 km/h abgeriegelt. Nicht viel für einen sportlichen Crossover mit 286 PS und 585 Newtonmetern, die sofort bereitstehen.
Präzise Lenkung, souveräne Bremsen
Die Lenkung erweist sich als angenehm präzise, die Bremsen lassen sich gut dosieren und die Assistenzsysteme reagieren zum Glück nicht übernervös. Das Fahrwerk schafft den Spagat zwischen sportlich-straff und weich-federnd perfekt. Die Sicht nach hinten ist für einen Crossover überraschend gut; lediglich die A-Säule ist unglaublich massiv und engt die Sicht ein wenig ein.
Ab Werk kostet der Capri Premium ER RWD mit 77 Kilowattstunden großem Akku 54.990 Euro. Wärmepaket (1.300 Euro), Panoramaglasdach (1.200 Euro) und Fahrassistenz-Paket (1.300 Euro) dazu; und man ist auf 58.790 Euro. Das ist nicht gerade günstig aber dennoch ein akzeptabler Preis.
Fazit: Dem Ford Capri, der in Köln vom Band läuft, kann man als E-Auto getrost ein gutes Zeugnis ausstellen. Und er ist größer und besser als sein aktueller Ruf.
Ford | Capri Premium ER RWD |
Preis | ab € 54.990,- inkl. Steuern und Abgaben; Testwagenpreis € 58.790,- Garantie: 2 Jahre ohne km-Begrenzung, danach weitere 3 Jahre bis maximal 100.000 km, 12 Jahre gegen Durchrostung, 8 Jahre bis max. 160.000 km auf den Akku Service: alle 30.000 km oder alle 2 Jahre |
Technische Daten | Motor: permanenterregter Synchronmotor, 210 kW/286 PS Spitzenleistung, 89 kW/121 PS Nenndauerleistung, max. Drehmoment 545 Nm Getriebe: Eingangautomatik Antrieb: Heckantrieb Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h Beschleunigung 0-100 km/h: 6,4 s WLTP-Verbrauch: 14,8 kWh Testverbrauch: 15,8 kWh |
Eckdaten | L/B/H: 4.634/1.872/1.626 mm Radstand: 2.767 mm Eigen-/zul. Gesamtgewicht: 2.065/2.685 kg Anhängelast: 1.000/750 kg Kofferraum: 622-1.505 Liter Akku: 82/77 kWh brutto/netto Reifen: 4 x 235/50 R20 100H auf 20“-Alus |
Sicherheit | Regelsysteme: ABS/EBV/ESP/ASR/BA/BSD/RSR/LKA/ACC/RCTA/TPMS Airbags: 7 |
Geländedaten | Bodenfreiheit: 187 mm Rampenwinkel: 15,7° |